„Frauen gründen anders“ – positive Praxisbeispiele: Virginia Lauterbach – Kalebassenmanufaktur

  1. Womit haben Sie sich selbstständig gemacht?

Hallo, mein Name ist Virginia Lauterbach und komme aus Bückeburg- Berenbusch. Dort ist auch mein „Baby“ die Kalebassenmanufaktur aus meinem Herzensprojekt dem Bio- Gemüsegarten entstanden.Vom Samen bis zur fertig designten Kürbisslampe entsteht alles in liebevoller Handarbeit in Bückeburg- Berenbusch. Es ist eine komplette nachhaltige Wertschöpfungskette die ich entwickelt habe und die es ermöglicht alle Arbeitsschritte vom Samen bis zur fertigen Lampe in unserer Manufaktur in Bückeburg durchzuführen. In der Natur zu sein und mit der Natur zu arbeiten und in einem künstlerischem Prozess die Kürbislampen zu gestalten, da war der Schritt in die Selbstständigkeit sehr leicht.

  1. Seit wann sind Sie selbstständig?

2019 im Sommer auf der Landpartie im Schloss Bückeburg habe ich das erste Mal die Kürbislampen aus den Kalebassen ausgestellt. Mit dem Thema Kalebassen beschäftige ich mich schon seit ca. 2010, da ist der Kürbis das erste mal in unserem Biogemüsgarten eingezogen. Seitdem hat der Flaschenkürbis den Garten und auch mein Herz erobert. Am Anfang hat auch vieles noch nicht so gut geklappt, zum Beispiel dachte ich:“ Dass alle Flaschenkürbisse beim Trocknungsprozess „vergammeln“ würden, da die so einen ekeligen Schimmel auf der Außenhaut bekommen haben.“ Vor meiner Selbstständigkeit war ich 20 Jahre Vollzeit beschäftigt und konnte aus gesundheitlichen Gründen diesen Beruf nicht weiter ausüben. Das war ein langer Weg und eine schwierige Zeit für mich. Bei mir war es also nicht die Entscheidung raus aus der Festanstellung und ab in die Selbstständigkeit. Es war eher ein Prozess über einige Jahre wo ich erstmal sehr kreativ und offen mit der Kalebasse unterwegs sein durfte. Die „Dinger“ haben mich einfach fasziniert und es hat ganz viel Freude gemacht mich damit zu beschäftigen. Bevor ich mich mit den Lampen selbstständig gemacht habe, wollte ich eigentlich MBSR Kurse geben (Mindfulness Based Stress Reduction = Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion). Das war für mich was solides, greifbar und hat mich auch interessiert. Parallel zur MBSR- Ausbildung habe ich meine ersten Lampen gefertigt und dass hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich dann nochmal komplett umgeschwenkt bin und mich für die Lampen entschieden habe. Die Arbeit mit der Natur und der kreative Entstehungprozess waren voll mein Ding und mir war klar damit möchte ich Verwirklichen.Dass war so ein richtiger „AHA- Moment“ und ich kann mich noch gut an das Gefühl erinnern. Ich glaube es ist wichtig Freude und Erfüllung zu haben bei dem was ich mache, dann sind auch Durststrecken und Schwierigkeiten besser zu meistern.  Dieser „AHA-Moment“ war bei mir sehr klar und deutlich.

  1. Wie war der Weg dorthin? Welche Hürden und Herausforderungen gab es?

Ehrlich gesagt ist die Entscheidung sehr schnell gefallen und ich habe das dann einfach gemacht. Ich weiß noch heute ganz genau wie ich meine erste fertig gestaltete Lampe in den Händen hielt und mich wie ein kleines Kind gefreut habe. Das besondere und gemütliche Licht der Kürbislampen hat mich sofort überzeugt und meine Umgebung war auch total begeistert. Bevor es dann richtig losgehen konnte, war erst mal Geduld gefragt, denn es dauert 12-16 Monate bevor ich aus einem getrockneten Flaschenkürbiss eine Lampe fertigen kann.  Jede Lampe ist ein Unikat und viele Stunden Arbeit sind nötig, bis diese fertig gestellt ist. Daher hat es zwei Jahre gedauert, bis ich dann meine erste Ausstellung machen konnte. Es waren auch viele Bürokratische und Pragmatische Fragen zu klären. Eine Werkstatt einzurichten, Materialien für eine Ausstellung zu kaufen, Kontakte aufbauen, Homepage gestalten, Marketing, Flyer, Visitenkarten u.v.m. zu betreiben. Vieles habe ich zum ersten Mal gemacht. Es gehörte für mich auch eine große Portion Mut, Vertrauen und Ausdauer dazu. Nach einer gewissen Zeit hat sich vieles dann ergeben und manchmal gab es eine Tendenz für mich zu verzetteln. Und dann kam direkt im nächsten Jahr 2020 meiner Selbstständigkeit CORONA. Das war eigentlich die größte Herausforderung, da ich meine Kalebassenlampen auf gut etablierten Märkten verkaufen wollte. Nach den Märkten habe ich geplant zu Hause in Ruhe wieder neue Lampen anzubauen und zu gestalten. Dieses Konzept war dann für 2 Jahre nicht mehr möglich. Das war dann im ersten Moment ein Totalverlust und es gab Momente, wo ich dann auch aufgeben wollte. Zu Beginn dachte ich, dass dauert jetzt nur ein paar Wochen, als daraus aber Monate wurde, hat mir das sehr zugesetzt.

Im Jahr 2020 sind alle geplanten Ausstellungen für mich ausgefallen. Irgendwann bin ich dann sehr kreativ damit umgegangen und habe versucht auf anderem Wege meine Lampen zu vermarkten. Zum Beispiel bin ich Kooperationen mit Geschäften eingegangen und habe zu Hause einen Ausstellungsraum eingerichtet und Öffnungszeiten angeboten. Online war überhaupt nicht mein Ding und auch da habe ich erste Gehversuche gemacht. Als klar wurde das Corona länger dauern würde, habe ich Ende 2020 auch einen Onlineshop aufgebaut und mit Onlinemarketing angefangen. Manches hat gut funktioniert und anderes nicht. Auf jeden Fall hat alles viel Zeit, Geld und Kraft gekostet und manchmal war es echt hart. Wenn ich nicht so viel Freude bei meiner Arbeit hätte, dann wäre mir das nicht gelungen. Mittlerweile rücke ich vom Onlinemarketing wieder etwas weg, da es mir nicht so liegt. Jetzt finden auch wieder die Ausstellungen statt, das mache ich total gerne und nach 2 Jahren war das ein richtiges Fest für mich. Dadurch habe ich auch festgestellt, wie schön es ist direkt mit Menschen „Face“ to „Face“ in Kontakt zu sein. Ohne Corona wäre mir das nicht so deutlich geworden. Die Organisation rund um Ausstellungen ist sehr arbeitsintensiv und jetzt freue ich mich richtig darüber nicht „online“ sondern „echt“ unterwegs zu sein.

  1. Was raten Sie anderen Frauen, die überlegen sich selbstständig zu machen?

– Auf alle Fälle sollte dir die Tätigkeit, die du mit deiner Selbstständigkeit machst Freude und Erfüllung bringen.

– Ist es ein Herzensprojekt von dir, dann geht vieles leichter von der Hand und auch die Durststrecken fallen leichter.

– Die Latte nicht zu hochzulegen und auch mal um Hilfe bitten können.

– Den Blick zu schulen was funktioniert und nicht nur darauf, was nicht geht.

– Sich mit anderen Frauen auszutauschen, die sich schon auf den Weg gemacht haben und länger Selbstständig sind, kann einfach helfen.

– Nicht zu vergessen was sind deine Ressourcen und wo kannst du wieder Auftanken.

 

  1. Was sind die größten Herausforderungen im Alltag der Selbständigkeit?

– Freue und Spaß an meinem Business zu kultivieren.

– Strukturen aufbauen und einhalten.

– Freizeit einplanen

– Geduld haben

– Das machen was funktioniert und dass lassen was nicht geht

– Portion Humor und sich nicht zu ernst nehmen

– Den Blick fürs Wesentliche nicht verlieren und sich nicht verzetteln

 

  1. Welche Vor- und Nachteile hat die Selbständigkeit in Bezug auf Vereinbarkeit Familie und Beruf?

Ich bin meine eigene Chefin, kann planen so wie es für mich und die Familie am besten vereinbar ist. Diese Flexibilität ist wirklich ein großer Vorteil. Je nach Bedarf kann ich die Zeiten meinen Bedürfnissen anpassen. Bestimmt kann das auch ins Gegenteil umschwenken, da ist es wichtig gute Strukturen und eine Planung zu haben. Ich arbeite mit der Kalebassenmanufaktur komplett zu Hause und die Abgrenzung Freizeit und Beruf ist manchmal nicht so klar. Es gab eine Zeit da war das Wohnzimmer von Kalebassen bevölkert und überall waren meine Arbeitsmaterialien verstreut. Ich habe das umorganisiert und die Wohnräume sind jetzt wieder mehr „Zu Hause“. Um richtig abschalten zu können fahre ich im Urlaub gerne weg, da fällt es mir viel leichter runterzukommen. Den Urlaub plane ich auch gut vor, es besteht auch sonst die Gefahr, dass ich einfach weiter arbeite. Meine Arbeit und mein „Baby“ die Kalebassenmanufaktur machen sind ein Herzensprojekt, für meine Kreativität brauche ich jedoch Auszeiten und auch mal einen Tapetenwechsel. Im familiären Umfeld gibt es im Moment einen schweren Krankheitsfall und ich passe meine Arbeitszeit daran an, so dass ich mehr Freiraum habe. Auf alle Fälle ein großer Vorteil als Selbstständige.

 

  1. Welche Netzwerke, Beratungsangeboten helfen Ihnen in der Planung und Umsetzung Ihrer Selbstständigkeit?

Der Steuerberater war zu Beginn ein wichtiger Ansprechpartner und so manches Gespräch mit anderen selbstständigen Frauen hat mir geholfen. Im Nachhinein hätte ich auch gerne 1-2 Seminare besucht zum Thema Selbständigkeit allgemein und die richtige Buchhaltung. Zu Beginn von Corona habe ich versucht Beratung und Unterstützung zu finden, was eher nicht so funktioniert hat und irgendwann habe ich das aufgegeben. Vernetzung und Austausch mit Gleichgesinnten hat für mich gut funktioniert. Mittlerweile kann ich auch um Hilfe bitten und frage andere selbstständige Frauen nach ihren Erfahrungen. Meistens ergeben sich daraus gute Gespräche und Impulse für meine Selbstständigkeit. Weg vom Konkurenz denken  -hin zu-  lass uns voneinander lernen und unterstützen.

 

Weitere Infos unter: https://www.kalebassenmanufaktur.de/